Grundstücksgrenzen
Sagen Sie ihrem Baum, wo die Grundstücksgrenze ist!
Im nachbarschaftlichen Kontext können Bäume und Sträucher, deren Äste, Blüten, Wurzelwerk über Grundstücksgrenzen hinaus (mehr oder weniger) wild wachsen, zu einem „roten Tuch“ avancieren und Konflikte, Streit, Aggressionen schüren. Gesunde Bäume werden dann gestutzt, Äste abgesägt, Sträucher radikal zurückgeschnitten, Bodendecker am Zaun entlang rausgerissen.
Die nachbarschaftliche Beziehung entscheidet über das Schicksal der Natur, ökologische Aspekte spielen eine untergeordnete Rolle.
Wie mit dem Lineal gezogen folgt also die Natur dem menschlichen Plan.
Mehr noch: Natur schafft gerade in dicht besiedelten Städten ein Gefühl von Privatsphäre, da Bäume und Sträucher eine natürliche Barriere bieten.





Nach einem Eingriff in den natürlichen Wuchs fehlt diese Funktion und wird von Grundstückseigentümern gerne mit Produkten aus Plastik ersetzt.
Für Sichtschutz sorgt dann ein Plastikgewebe, welches am Zaun entlang aufgespannt wird – eine Lösung mit erheblichen Folgen für die Umwelt, wenn nämlich das Plastikmaterial durch UV-Strahlung und Witterungseinflüsse seine Struktur verliert, verfällt, direkt in den Boden und später ins Grundwasser gelangt.
Diese Aspekte greift das Projekt auf. Die Arbeiten bestehen aus Fotografien und Videoarbeiten und werden bald mit Expertentalks, Objekten sowie einem Austausch mit der Künstlichen Intelligenz über rechtliche Aspekte des Themas „Natur an Grundstücksgrenzen“ ergänzt.
Rund 70 Meter Plastikgewebe kam an diesem Zaun zum Einsatz, um nach einem radikalen Rückschnitt des Grüns die Privatsphäre wiederherzustellen. Die minimalistische Videoarbeit fängt das „Negativbild“ der Bäume und Sträucher ein, die sich in einer deutlichen Entfernung vom Zaun befinden und im Sonnenlicht auf dieses Gewebe ihren Schatten werfen. Das Material bewegt sich leicht im Wind, wie auch das Auge, so tastet die Kamera die Netzstruktur ab, die sich zwischen dem Betrachter und der Umwelt schiebt und den Blick versperrt. Im Hintergund ist Hundegebell zu hören, ein für die Örtlichkeit typische Geräuschkulisse, welche eine ländliche Umgebung und dem Natürlichen gegenüber eine eher tolerantere Haltung vermuten lässt. Weit gefehlt – Assoziationen, die sich im Alltag nicht bestätigen. Wo haben sie ihren Ursprung?


